Ein Hund zieht ein – was kommt da eigentlich auf mich zu?
In diesem Artikel erfährst du, welche Wahl die beste für angehende Hundeeltern ist. Ist ein Welpe vom Züchter oder ein Hund aus dem Tierschutz besser für dich geeignet? Wir teilen die Erfahrungen von Menschen, die beide Wege gegangen sind, und bieten Einblicke in die Realität, um dich bei dieser wichtigen Entscheidung zu unterstützen. Egal ob jung oder alt, erfahrener Hundebesitzer oder Neuling, dieser Artikel bietet Ratschläge und Tipps für den Einzug eines Welpen oder Tierschutzhundes.
(Autorin: Valérie Pöter, Tierärztin und Hundetrainerin)
Inhalt
- 1. Träume und Erwartungen: Bevor du dich für einen Hund entscheidest
- 2. Ein Tierschutzhund zieht ein – Realitätscheck
- 3. Ein Welpe zieht ein – Realitätscheck
- 4. Tipps und Ratschläge für angehende Hundeeltern
- 5. Das A & O: Sich vorher gut informieren!
- 6. Wünsche und mögliche Probleme
- 7. Ratschläge für einen achtsamen Start mit einem neuen Welpen
- 8. Ein Tierschutzhund zieht ein: so schaffst du ihm ein neues vertrauensvolles Zuhause
- 9. Mein Tipp: Pflegestelle für Hunde
- 10. Das gebe ich dir noch mit auf den Weg
1. Träume und Erwartungen: Bevor du dich für einen Hund entscheidest
Hans und Julia sind ein junges Paar. Vor ein paar Wochen haben sie geheiratet und sind gemeinsam in ihre kleine Wohnung mit Garten in die Nähe von Julias Eltern gezogen. Schon immer hatte Julia den Wunsch, dass irgendwann auch mal ein Hund in ihr zu Hause einzieht. Schon in ihrer Kindheit, hätte sie sich einen Hund gewünscht, doch leider erfüllten ihr ihre Eltern diesen Wunsch nicht.
Nun wären aber alle Voraussetzungen perfekt, es ist genug Platz vorhanden und Julia hat eine Stelle gefunden, bei der sie auch die Möglichkeit hat von zu Hause aus zu arbeiten. Hans ist eigentlich nicht so begeistert von einem Hund, aber Julia zuliebe, würde er sich auf das Abenteuer Hund einlassen. Jetzt steht Julia natürlich unter Druck, denn sie möchte auf gar keinen Fall, dass das ganze Projekt schiefgeht. Gerne würde sie auch einem Hund aus dem Tierschutz ein zu Hause geben. Von Freunden hat sie jedoch gehört, dass es leichter ist, einen Welpen gut zu erziehen.
Für Julia stellen sich nun viele Fragen. Zum Beispiel, wie sie einen guten Züchter findet. Oder, falls es vielleicht doch ein Hund aus dem Tierschutz werden soll, wie sie eine gute Tierschutzorganisation findet.
2. Ein Tierschutzhund zieht ein – Realitätscheck
Maren ist total verzweifelt. Ähnlich wie Julia, hat sie damals überlegt, ob sie einen Welpen oder einen Tierschutzhund bei sich einziehen lässt, und wie der Zufall es so will, hat sie sich in Charly, einen 8 Monate alten Mischling aus Ungarn verliebt. Leider konnte sie Charly nicht vor dem Einzug kennenlernen, stattdessen hat sie ihn direkt nach der Ankunft in Deutschland bei sich zu Hause aufgenommen. Maren wollte ihm etwas Gutes tun, hat sich vorher genau belesen und das zu Hause für die Ankunft von Charly vorbereitet.
Seit Charly bei ihr ist, hat sich ihr Leben zu einem Albtraum entwickelt. Charly ist sehr ängstlich und fürchtet sich vor allen möglichen Umweltreizen. Vor Autos, Radfahrern aber auch anderen Geräuschen. An einen normalen Spaziergang ist gar nicht zu denken. Maren hat bereits ein paar Stunden in eine Hundetrainerin investiert, aber die konnte ihr auch nicht so richtig helfen. Charly scheint einfach total traumatisiert zu sein.
Ihr ist klar, dass man geduldig sein muss und kleine Schritte das A und O im Training sind. Doch zu allem Überfluss reagiert Charly seit ein paar Wochen nun zunehmend aggressiv auf ihren Freund. Er ist nur hin und wieder zu Hause, da er oft auf Dienstreisen ist. Aber wenn er dann da ist, ist die ganze Situation noch angespannter. Lange geht das nicht mehr gut und Maren hat sogar Angst, dass sich ihr Freund von ihr trennt. Außerdem hat sie Mitleid mit Charly. Irgendwie kann sie ihm überhaupt nicht gerecht werden und ihm nicht das Leben bieten, was sie sich für ihn wünscht.
3. Ein Welpe zieht ein – Realitätscheck
Auch Anna ist gerade mit ihrem Freund zusammengezogen und gemeinsam haben sie sich für einen Welpen namens Lupo entschieden. Er stammt aus einem Wurf mit 7 Geschwistern und ist ein Labrador. Anna hat extra ihren ganzen Urlaub so geplant, dass sie nach dem Einzug Zeit für Lupo hat und ihm alles beibringen kann, was notwendig ist.
Seit Lupo eingezogen ist, kommt er aber irgendwie überhaupt nicht zur Ruhe. Er kaut alles an und hat schon einige Möbel kaputt gemacht. Das Schlimmste ist aber, dass Anna nicht mal zwei Minuten den Raum verlassen kann. Lupo scheint total überfordert zu sein. Er schläft kaum und beißt ihr ständig in die Hände oder die Füße. Sie hat schon versucht, sich mehr mit ihm zu beschäftigen, aber nichts hilft. Er lässt sich weder von Kauartikeln ablenken noch anders beruhigen.
Annas Nerven sind am Ende. Sie hat seit mehreren Tagen kaum geschlafen, weil Lupo sie sogar nachts wachhält. Anna ist sich sicher, dass dieser kleine Kerl endlich mal schlafen und sich ausruhen muss, aber sie weiß einfach nicht wie. Auch Annas Freund ist genervt von der Situation. Beide haben sich das Leben mit einem Welpen anders vorgestellt, sie überlegen, ob es nicht besser ist, ihn wieder zum Züchter zurückzugeben. Vielleicht sind sie als Hundeeltern einfach nicht geeignet…
4. Tipps und Ratschläge für angehende Hundeeltern
In meinem beruflichen Alltag als Hundetrainerin werde ich sehr oft mit dieser Verzweiflung konfrontiert. In vielen Fällen kann ich helfen und unterstützen, wenn ich früh genug zur Hilfe gerufen werde. Oftmals habe ich mich schon gefragt, wie man am besten verhindern könnte, dass solche Situationen überhaupt erst entstehen. Meine Antwort darauf: Die Menschen müssten sich im Vorfeld besser informieren!
Daher biete ich in meiner Hundeschule eine Beratung vor dem Einzug eines Welpen/Tierschutzhundes an, auch online. Ich habe einen E-Mail-Kurs entwickelt, der das Thema: „Den richtigen Welpen finden“ aufgreift und bereits viele nützliche Informationen vermittelt.
5. Das A & O: Sich vorher gut informieren!
Doch wer nimmt schon an so einer Beratung teil, wo es doch noch gar kein Problem gibt? Dabei ließen sich so viele traurige Schicksale von Hunden verhindern, wenn die Menschen wüssten, was auf sie zukommt und welche Strategien ihnen dann helfen.
Schauen wir uns einmal an, was so auf dich zukommen kann, wenn du dich für einen Welpen entscheidest. Ich habe mal ein paar Wünsche und Probleme gegenübergestellt.
6. Wünsche und mögliche Probleme
Wünsche und Erwartungen | Mögliche Probleme |
Ich wünsche mir einen verschmusten Welpen, der gerne Zeit mit mir verbringt und Zuneigung zeigt. | Mein Welpe zeigt übermäßige Anhänglichkeit und entwickelt Trennungsängste, wenn er allein gelassen wird. |
Es wäre großartig, einen Begleiter für den Urlaub zu haben, der sich problemlos an neue Umgebungen anpassen kann. | Mein Welpe reagiert gestresst auf Reisen und benötigt viel Zeit, um sich an neue Orte zu gewöhnen. |
Ich möchte mich weiterhin mit Freunden treffen und einmal die Woche entspannt zum Sport gehen. | Mein Welpe bellt viel und zeigt zerstörerisches Verhalten, wenn er allein ist. |
Ein Hund, der im Büro oder in der Schule begleiten kann, wäre eine wunderbare Ergänzung. | Mein Welpe verursacht Unruhe und Ablenkung im Büro oder in der Schule, da er nicht gut ruhig bleiben kann. |
Ein Hund, der in einem sozialen Beruf unterstützen kann, wäre großartig. | Mein Welpe wird in meinem sozialen Beruf schnell gestresst und überfordert von der Interaktion mit vielen Menschen. |
Mein Wunsch war ein sanfter und babyfreundlicher Welpe, der behutsam mit unserem Neugeborenen umgeht. | Mein Welpe ist eifersüchtig auf mein Baby, ich habe Angst, dass es zu einem Zwischenfall kommt. |
Mein Hund soll der beste Freund meiner Kinder werden. | Meine Kinder und unser Welpe verstehen sich gar nicht, er hat schon versucht zu beißen. |
7. Ratschläge für einen achtsamen Start mit einem neuen Welpen
Ganz gleich, ob du bereits Erfahrung als Hundebesitzer hast oder dich auf diese aufregende Reise zum ersten Mal begibst – Hier sind einige Tipps und Empfehlungen, die dir auf dieser Reise helfen können:
- Es ist völlig normal, dass Hundebesitzer auf belastende Probleme stoßen. Ob es um Stubenreinheit, Leinenführigkeit oder Verhaltensprobleme geht, du bist nicht allein. Die frühzeitige Suche nach Hilfe ist ein wichtiger Schritt, um diese Probleme zu bewältigen.
- Wir alle hoffen auf schnelle Ergebnisse, wenn es um das Training unseres Welpen geht. Doch es ist wichtig, sich immer wieder daran zu erinnern, dass Training Zeit und Geduld erfordert. Habe realistische Erwartungen und sei bereit, Schritt für Schritt Fortschritte zu erzielen. Wie der berühmte Kinderarzt Remo Largo sagte: „Geduld ist keine Gabe, sondern eine Fertigkeit, die man erlernen kann.“
- Bevor dein Welpe einzieht, kann eine Beratung mit einem Experten oder einer Expertin äußerst hilfreich sein. Diese Profis können dir Tipps zur Vorbereitung auf das Zusammenleben mit deinem Welpen geben, um einen guten Start zu gewährleisten.
- Die Wahl der Rasse und des Züchters beeinflusst maßgeblich das Verhalten und den Charakter deines Hundes. Informiere dich im Voraus, um sicherzustellen, dass du eine Rasse findest, die zu deinem Lebensstil passt, und suche nach einem verantwortungsvollen Züchter.
- Das Training endet nicht, sobald dein Welpe die Grundsignale beherrscht. Kontinuierliche Schulung und die Anpassung deiner Ziele sind notwendig, um das Verhalten deines Hundes zu fördern und ihn zu einem entspannten Alltagsbegleiter zu erziehen.
- Feiere die kleinen Erfolge und Veränderungen während des Trainings. Diese positiven Momente stärken deine Motivation und stärken die Bindung zu deinem Hund.
8. Ein Tierschutzhund zieht ein: so schaffst du ihm ein neues vertrauensvolles Zuhause
Es ist großartig, dass du darüber nachdenkst, einen Hund aus dem Tierschutz bei dir aufzunehmen! Die Entscheidung, einen geretteten Hund aufzunehmen, erfordert Geduld, Engagement und viel Zeit. Das Training mit einem Tierschutzhund ist oftmals herausfordernd, da diese Hunde oft eine Vergangenheit mit möglichen Erfahrungen des Missbrauchs oder der Vernachlässigung haben. Hier sind einige Dinge, auf die du dich einstellen solltest:
1. Vertrauen aufbauen
Gib deinem Hund Zeit, Vertrauen zu dir aufzubauen. Gehe behutsam vor, sei geduldig und respektiere seine Grenzen. Lass dich dabei nicht von äußeren Stimmen und verschiedenen Meinungen verunsichern.
2. Sichere Umgebung erkunden
Zeige deinem Hund seine neue Umgebung, ohne ihn zu überfordern. Bei sehr unsicheren Hunden, die aber kein Problem mit dem Autofahren haben, kann der Spaziergang an einem ruhigen Ort große Erleichterung schaffen.
3. Grundsignale
Beginne mit grundlegenden Grundsignalen wie „Sitz“, „Platz“ und „Hier“. Nutze positive Verstärkung, also Lob und Belohnungen. Suche nach Übungen, die euch beiden Spaß machen. Das dürfen ruhig ganz einfache Übungen sein. So könnt ihr Vertrauen zueinander aufbauen.
4. Alleinbleiben
Gewöhne den Hund langsam an das Alleinbleiben. Beginne mit kurzen Zeiträumen und steigere diese langsam, um Trennungsängste zu minimieren. Sorge im Vorfeld für mögliche Alternativen, falls das Alleinbleiben noch nicht lange genug klappt, dein Urlaub aber vorbei ist und du wieder arbeiten gehen musst (Familienmitglieder, Freunde, Hundesitter oder Hundesitterin, Hundepension, …).
5. Ruhe und Entspannung
Hilf dem Hund, sich zu entspannen und zur Ruhe zu kommen. Schaffe einen Rückzugsort, an dem er sich sicher fühlen kann.
6. Kommunikation
Lerne die Körpersprache des Hundes kennen, um seine Bedürfnisse besser zu verstehen. Zeige ihm, dass er sich auf dich verlassen kann, wenn er sich unwohl fühlt.
7. Kontakt mit anderen Hunden
Lasse den Hund behutsam mit gut sozialisierten Hunden interagieren. Das hilft ihm, soziale Fähigkeiten zu entwickeln und Selbstvertrauen aufzubauen. Vermeide jedoch unkontrollierte Freilaufgruppen.
8. Sicherheit im Auto
Wenn nötig, gewöhne den Hund langsam ans Autofahren. Denke an seine Sicherheit und verwende geeignete Transportboxen oder Sicherheitsgurte.
9. Kindern und anderen Haustieren begegnen
Wenn bei dir Kinder oder andere Haustiere leben, sorge dafür, dass die Begegnungen kontrolliert und positiv sind.
10. Angst- und Aggressionsbewältigung
Wenn dein Hund ängstlich oder aggressiv reagiert, suche dir frühzeitig Hilfe und Unterstützung.
11. Hundetraining und -kurse
Denke darüber nach, an Gruppenstunden oder Einzeltraining teilzunehmen und plane dies ins Budget mit ein. Das kann nicht nur deinem Hund beim Training helfen, sondern auch für dich eine große Erleichterung und Sicherheit im Alltag bringen.
12. Tierärztliche Untersuchung und Mittelmeerkrankheiten
Stelle sicher, dass der Hund eine gründliche tierärztliche Untersuchung erhält. Informiere dich im Vorfeld über die sogenannten Mittelmeerkrankheiten, damit du einschätzen kannst, was auf dich zukommen kann, auch finanziell.
9. Mein Tipp: Pflegestelle für Hunde
Zu diesen ganzen Tipps habe ich noch eine wichtige Botschaft für dich. Wenn du wirklich darüber nachdenkst, einem Hund aus dem Ausland ein zu Hause zu geben, ziehe es doch erstmal in Betracht, ob du dich und dein zu Hause nicht als Pflegestelle zur Verfügung stellst. Pflegestellen können den Hund erst einmal kennenlernen, bereits ein Training mit ihm starten und dadurch einen wichtigen Beitrag für die Vermittlung eines Hundes leisten. Am wichtigsten ist jedoch, dass du dich im Vorfeld gründlich informierst und dir Hilfe und Unterstützung bei einem Profi suchst, der dich unabhängig und fachlich fundiert berät und dich auf deiner Reise zum eigenen Hund unterstützt.
10. Das gebe ich dir noch mit auf den Weg
Ich wünsche dir auf dieser Reise vor allem Vertrauen in deine Fähigkeiten, dass du und dein Vierbeiner gemeinsam jede Hürde meistert und ihr gemeinsam viele unvergessliche Momente erleben werdet!
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